Kinderfeindlichkeit oder Erziehungsvermeidung?

Machen Eltern ihre Kinder zu „sozialen Vollhonks“?

Ein spannender Kommentar mit einem wichtigen Hinweis zum Umgang mit dem Nachwuchs von dem renommierten Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Josef Eduard Kirchner

Als ich noch junger Vater kleiner Kinder war, konnte ich mich stundenlang über die Kinderfeindlichkeit unserer Gesellschaft aufregen. Wenn ein neuer Spielplatz eröffnet
wurde, fielen in der Nachbarschaft die Grundstückspreise, was sich ziemlich seltsam anfühlte. Als hätten wir als Bevölkerung eine Abneigung gegen Kinder, obwohl wir wissen, dass ohne Kinder ein Fortbestehen nicht möglich ist. Je älter ich werde, desto mehr genieße ich es, wenn ein Hotel im Wellnessbereich kinderfreie Bereiche anbietet.

Es ist nun einmal ziemlich stressig, wenn man im Schwimmbecken seine Bahnen ziehen will und immer wieder Kinder wie Wasserbomben neben einem einschlagen und Wasser schlucken lassen. Aber ist es Kinderfeindlichkeit oder würde sich dieses Thema entschärfen, wenn Eltern ihre Kinder dazu anhalten würden, auf andere mehr Rücksicht zu nehmen? Vielleicht schon.

Wenn heutzutage meine fünf Enkel*innen zu Besuch sind (1-10 Jahre alt), geht es oft hoch her und vor lauter Kindergeschrei versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. Irgendwann kommt dann der Punkt, wo wir Erwachsenen die Kinder auffordern, entweder leise zu sein oder im Nebenzimmer beziehungsweise im Garten weiter zu spielen. Das scheint vielen Eltern eher schwerzufallen, weil sie ja die besten Freunde ihrer Kinder bleiben wollen. Die Folge wird aber sein, dass Kinder nicht genügend Sozialkompetenz entwickeln.

dr.josefkirchner — Arzt und Autor Dr. Josef Kirchner – Foto: privat

Soziale Kompetenz muss erlernt werden

Rücksichtnahme und Verständnis für das Gegenüber ist eine wichtige soziale Kompetenz. Eltern sollten ihre Erziehung nicht auf dem Altar der Freundschaft mit ihren Kindern opfern. Das zermürbt die Eltern und macht ihre Kinder zu sozialen „Vollhonks“.

Bleiben sie nachdenklich!

Buchempfehlung: „Kinder, Kinder…!“ von Josef Eduard Kirchner.