Ein Kommentar des Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. Josef Kirchner
Regelmäßig lesen wir in der Tagespresse von Verbrechen, die von strafunmündigen Kindern begangen werden. In Deutschland ist der Beginn der Strafmündigkeit mit 14 Jahren gesetzlich geregelt. Diese Regelung halte ich auch aus fachärztlicher Sicht für sinnvoll, da die Persönlichkeitsentwicklung entsprechend abläuft.
Nach den Tötungsdelikten durch 12- und 13-jährige wurde wieder der Ruf nach Gesetzesänderungen laut, um diese Entsetzlichkeiten einzudämmen. Das halte ich für unsinnigen Aktionismus, da wir bereits eine gute Rechtsgrundlage haben. Machen wir einen Ausflug in die Gesetzbücher. Im „Bürgerlichen Gesetzbuch“ finden wir den Paragraphen 1526 mit dem Absatz 2:
Elterliche Sorge, Grundsätze
2: Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.
Sowie den Paragraphen 832 mit dem Absatz 1:
Haftung des Aufsichtspflichtigen
(1) Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
Im Strafgesetzbuch finden wir dann noch den Paragraphen 171:
Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht
Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wenn wir diese 3 Gesetze im Zusammenhang betrachten, heißt das offensichtlich, dass Eltern bestraft werden sollen, die ihren Kindern die Prinzipien der Strafbarkeit nicht klar machen wollen. In einer Zeit wo neuerdings der Begriff der „Qualleneltern“ kursiert, ist die elterliche Pflicht zur Vermittlung von gesellschaftlichen Werten wohl aus der Mode gekommen. Wer den Begriff Qualleneltern noch nicht kennt, dem sei gesagt, dass Quallen ziemlich konturlos durch das Wasser schweben. Qualleneltern sind also nur konturlose Beobachter, die neben ihren Kindern schweben, aber keine Kante zeigen.
Wenn die Gesetzgebung so eindeutig ist, frage ich mich, warum ich bisher von keinem einzigen Fall gehört habe, bei dem Eltern strafrechtlich belangt wurden, wenn ihr 13-jähriges Kind zum Gewalt- oder Intensivtäter wurde. Aktuell läuft eine Klage wegen Schmerzensgeld nach einem Tötungsdelikt. Das ist aber nicht das Strafrecht.
Wenn wir als freie Demokratie nicht bereit sind, unsere selbst gesetzten Regeln einzusetzen, machen wir uns schlicht und ergreifend lächerlich. Das ist dann so als würde der Vater seinem 12-jährigen Sohn sagen: „Ich lege mein Portemonnaie in die Diele. Nimm dir kein Geld raus! Aber wenn du es tust, passiert auch nichts.“ Wer möchte, kann gerne versuchen, sein Kind so zu erziehen. Auf das Ergebnis bin ich gespannt.

Wir sollten von einem 13-jährigen nicht erwarten, die Verantwortung für eine strafrechtlichen Regelbruch zu übernehmen, aber allen Eltern sollte klar sein, dass sie bis zum 14. Geburtstag ihres Kindes dafür zu sorgen haben, dass ihr Kind nicht zum Verbrecher wird und es ist keinem ein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn man den Schulranzen morgens durchschaut und Messer und Drogen herausnimmt. Erst wenn die Eltern merken, dass sie ein großes Problem kriegen, wenn ihr Kind straffällig wird, werden sie sich von der Qualle zum Leuchtturm entwickeln, der einen festen Standpunkt vertritt, an dem sich die Kinder zu orientieren haben. Dann haben sie auch ernst zu nehmende Interessen, ihr Kind an Straffälligkeit zu hindern.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann man im Einzelfall den Eindruck bekommen, dass Eltern den Regelbruch ihres Kindes innerlich zustimmend abnicken oder sogar unbewusst fördern, da ihr Kind die Ungerechtigkeiten der Welt antut, die die Eltern durch die Welt erlitten haben.
Wir haben alle Gesetze, die wir brauchen. Wir sollten sie einfach anwenden.
Bleiben sie nachdenklich!
Josef Kirchner
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